Medizinalcannabis, quo vadis? Welche Veränderungen braucht es in der Zukunft?

Drei Fragen an Frau Dr. Christiane Neubaur, Geschäftsführerin des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken e. V. (VCA) und Referentin beim Healthcare Innovators Circle
Als Geschäftsführerin des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken e. V. (VCA) setzen Sie sich für eine qualitätsgesicherte Versorgung mit Medizinalcannabis ein. Was war der Auslöser für Ihr Engagement?
Als Apothekerin war ich schon immer sehr interessiert an dem Bereich pflanzliche Arzneimittel. Aus diesem Grund habe ich neben meiner Tätigkeit in der Apotheke 12 Jahre als Referentin für die Firma Bionorica gearbeitet. Mein damaliger Chef bei der Bionorica kam 2021 auf mich zu und fragte mich ob ich mir vorstellen könnte als Geschäftsführerin für den VCA zu arbeiten. Bis dato kannte ich nur Sativex und Dronabinol als hauptsächliche Abgabe in der Apotheke. Im Jahr 2016 hatten wir einen Blüten-Patienten mit Ausnahmegenehmigung. Mehr kannte ich nicht, deshalb habe ich erstmal eine Nacht darüber geschlafen, dann mit dem Vorstand gesprochen. Nach dem Gespräch war mir klar, ich möchte mich für den Bereich Medizinal-Cannabis engagieren. Seit dem ist es ein Herzensthema für mich Medizinal-Cannabis im Bereich Medizin zu etablieren und Apotheken auszubilden und zu schulen.
Mit Podcasts wie „Das VCA-Hanfgespräch“ und „ArztCann“ fördern Sie gezielt Wissenstransfer. Was sind die besten Argumente, um Ärzt*innen und Apotheker*innen zum Mitmachen zu bewegen?
Die besten Argumente sind immer Geschichten von Kolleginnen und Kollegen, die erfolgreich die Lebensqualität von schwer kranken Patientinnen und Patienten zu verbessern. Wenn Ärztinnen und Ärzte auf diese Fallbeispiele von in der Medizin angesehenen Kolleg*innen treffen, öffnen sie sich leichter der Therapieoption Cannabis.
Telemedizin spielt eine wichtige Rolle für die flächendeckende Versorgung mit Medizinalcannabis – steht aber auch massiv in der Kritik. Der Vorwurf: Viele Patient*innen sind eigentlich Freizeit-Konsument*innen. Wie lässt sich das Problem lösen?
Seriöse Telemedizin ist wichtig, weil sie die Lücke schließt, die niedergelassene Ärzt:innen hinterlassen. Es gibt klare Vorschriften für die Telemedizin (MBÖ-Ä §7 Absatz 4). Die Politik muss einen legalen Zugang schaffen für Konsument*innen, damit diese nicht auf den illegalen Schwarzmarkt angewiesen sind. Hierfür bietet sich die Forschungsklausel im KCanG an. Apotheken könnten Teil dieser Modellprojekte sein. Sie können Cannabis an Konsumenten abgeben mit entsprechender Beratung und Datensammlung. Eine Evaluierungsphase kann sich nach einem festgelegten Zeitpunkt anschließen.
Damit erreichen wir sehr schnell eine klare Trennung zwischen Konsument*innen und Patient*innen. Konsument*innen haben einen legalen Zugang über die Apotheken und Patient*innen haben Zugang zu Ärzt*innen vor Ort oder zu Telemediziner*innen, die seriös gesetzeskonform arbeiten.
Mehr Impulse und die Möglichkeit, direkt Fragen zu stellen gibt es am 4. September beim Healthcare Innovators Circle in Düsseldorf.