"Es ist noch viel zu tun."
Die Frauen Fußball-WM läuft in Australien und Neuseeland. Vom 20. Juli bis 20. August 2023 werden die Spiele ausgetragen. Felicia Mutterer ist bei Achtung! die Expertin in Sachen Frauen im Fußball. Sie hat nicht nur Achtung! Broadcast gegründet und gibt über Podcasts Marken und Unternehmen eine Stimme.
Als Journalistin recherchiert sie seit 20 Jahren zu den Themen Sport und Vielfalt. 2019 startete sie mit „Female Kick - Sportsidols“ den ersten deutschsprachigen Podcast überhaupt, der die Fußballerinnen in den Fokus rückte. Gemeinsam mit Tanja Wielgoß, Lisa Währer, Verena Pausder, Ariane Hingst und Katharina Kurz übernahm sie im Sommer 2022 das Frauen-Regionalligateam des FC Viktoria Berlin, um es bis 2027 in die Frauen-Bundesliga zu bringen. Die Gründe für dieses Projekt sind vielfältig - nicht zuletzt arbeiten sie an einem Paradigmenwechsel im deutschen Fußball.
Wir haben Felicia zu ein paar entscheidenden Themen um ihre Einschätzung gebeten:
Was dachtest du über den TV-Rechte-Streit im Vorfeld zur WM? Ist die Fifa der große Retter der Ehre des Frauen-Fussballs oder geht es nur um mehr Geld für die Fifa, dass die ARD und ZDF nicht zahlen wollen?
Felicia: Ich dachte, wie nervig. Aber auch gut, so wird darüber geredet. Grundsätzlich sehe ich die Medien in der Verantwortung, auch die Frauen im Sport auf den Schirm zu bringen. Das ist mit 10-15 Prozent unbestreitbar bisher viel zu wenig. Die FIFA jedoch in der Rolle des progressiven Förderers der Geschlechtergerechtigkeit zu sehen, halte ich für zu viel der Ehre.
Dieser Verband schwimmt im Geld, hat die Mittel, Frauen zu fördern. Hier den Ball den Medien als entscheidenden Faktor für die schnellere Entwicklung zu zuspielen, ist für mich fast schon unverschämt. Das ist die Aufgabe der FIFA, die sie nur leider selbst viel zu lange versäumt hat.
Was hat sich gebessert in den letzten Jahren hinsichtlich des enormen Pay Gap? Und ist eine Angleichung überhaupt möglich bzw. erstrebsam?
Felicia: Sie ist möglich, in Planung und erstrebsam, zumindest auf Verbandsebene. Und da sind wir auf einem guten Weg: Laut Plänen der FIFA soll es von 2026/27 an bei den Prämien keinen Unterschied mehr zu den Männern geben. Und schon jetzt hat sich einiges getan. Bei dieser WM erhalten die Frauen jeweils 252.000 Euro, wenn sie den Titel holen. Vor vier Jahren waren es noch pro Spielerin 65.000 Euro.
Zum Vergleich: Die Männer hätten für einen Finalsieg in Katar jeweils 400.000 Euro erhalten. Was aber mindestens genauso wichtig ist, wie Equal Pay, ist Equal Play. Hier geht es darum, dass Mädchen die gleichen Chancen haben sollen, am Sport teilzunehmen. Auch da ist noch viel zu tun.
Zuletzt gab es Zuschauer Rekorde in den Stadien in Deutschland. Ist ein Aufbruch spürbar oder ist es eher der Tropfen auf dem heißen Stein?
Felicia: Das gestiegene Interesse der Menschen bei den Bundesligaspielen und im Pokal ist ein Zeichen für Aufbruch und für Veränderung. Wir haben nicht mehr nur einen Turniereffekt, der Flutlicht schafft. Die Neu-Vergabe der TV-Rechte oder Dokus wie „Born for this“ oder „Wölfinnen“, aber auch der Einstieg von Google Pixel als Sponsor der Bundesliga – das sind alles weitere Indizien. Kurzum: Gesellschaft, Medien, Sponsoren und Vereine und Verbände – alle machen nun endlich mit.
In den Profiligen der Frauen hat in den letzten Jahre Professionalisierung stark zugenommen. Ist dies auch bereits in den unteren Ligen spürbar?
Felicia: Ja, insofern das der Fußball auch in den unteren Ligen interessanter wird. Das gilt zum einen für Sponsoren, aber auch für den Nachwuchs. Da gibt es einen Zuwachs bei den Mädchen bis 16 Jahren von knapp 12 Prozent, das sagt die Mitgliederstatistik des DFB.
Ein grundsätzlicher Satz aber zur Professionalisierung: Da gibt es noch einiges zu tun, angefangen bei der Bundesliga.
Danke, Felicia!