KI in der Krebsdiagnostik: Wie Katana Labs Patholog*innen entlasten will

„Jedoch führt kein Weg an der KI vorbei und diese wird auch in der Klinik disruptiv positive Veränderungen bringen.“
Die Zahl der Krebsfälle nimmt jedes Jahr zu – gleichzeitig sinkt die Zahl der Pathologen. Dr. Falk Zakrzewski und sein Team von Katana Labs setzen auf Künstliche Intelligenz (KI), um die Krebsdiagnostik schneller, präziser und effizienter zu machen. Ihre Technologie analysiert Gewebeschnitte mit hunderten Biomarkern – ein Gamechanger für die Forschung und bald auch für Kliniken? Warum fehlende Digitalisierung eine riesige Hürde ist, was es braucht, um KI in der Pathologie zum Standard zu machen und wie Katana Labs diesen Wandel mitgestaltet – das hat Simeon Atkinson von Achtung! InnoHealth im Interview erfahren.
Falk, bei Katana Labs produziert ihr faszinierende Bilder – welches Problem löst ihr damit eigentlich?
Die Bilder sind tatsächlich sehr faszinierend. Auch wenn diese meist in einem eher schwierigen Kontext einer Krankheit, wie zum Beispiel einer Krebserkrankung, entstehen. In der Regel sind das mit verschiedenen Biomarkern gefärbte Ultradünnschnitte von Gewebeproben. Digitalisiert können diese Bilder locker mehrere Hunderttausend Pixel erreichen. Mit Hilfe unserer KI können wir die Bilder dann automatisch auf verschiedene Biomarker analysieren lassen. Unsere KI macht also genau das, was auch ein Pathologe mit Hilfe des Mikroskops bei der
Krebsforschung oder Krebsdiagnostik macht.
Durch diese Methode lassen sich in kürzester Zeit viel größere Stichproben überprüfen. Was bedeutet das für den Alltag in der klinischen Pathologie?
Unsere KI kann im Kontext der Krebsforschung für Biotech- und Pharmaunternehmen verwendet werden, kann aber auch im klinischen Kontext Anwendung finden. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Zertifizierung der KI. Für Pathologen in der Klinik bedeutet eine gut in den Workflow integrierte KI viel Zeitersparnis und die Möglichkeit, höhere Fallzahlen bei gleichbleibender oder steigender Qualität zu analysieren. Eine große Herausforderung ist, dass die Zahl der Krebsfälle immer weiter ansteigt, die Anzahl der Pathologen jedoch abnimmt. Mit dieser Entwicklung steht die gute Krebsdiagnostik auf der Kippe. Um das auszugleichen, müssen Pathologen schneller, besser und akkurater werden. Und das geht mit unserer KI.
Wie weit sind wir davon entfernt, dass diese Technologie in der Diagnostik Standard wird?
In der Forschung bei Biotech- und Pharmaunternehmen kann unsere KI bereits jetzt eingesetzt werden – und die Krebsforschung stark verbessern und beschleunigen. In der Klinik geht das leider nicht so schnell, obwohl ich mir das sehr wünsche. Ursache ist oft eine fehlende Digitalisierung in den Pathologien von Krankenhäusern, Universitätskliniken und Laboren aufgrund von ausbleibenden Investitionen. Ohne Digitalisierung keine KI. Hier muss stark investiert werden, sonst verlieren wir eine zukunftsfähige Krebsidagnostik und zudem auch den internationalen Anschluss. Es führt kein Weg an der KI vorbei und diese wird auch in der Klinik disruptiv positive Veränderungen bringen. Ich schätze, dass das noch ein Weg von fünf bis zehn Jahren sein wird, bis wir wirklich vollumfänglich KI in den Pathologien im Einsatz haben werden. Voraussetzung dafür ist, dass wir investieren. Sparen wäre hier der Todesstoß für Innovation und Zukunft.
Du sagst, dass eure Technologie in der Pharma- und Biotech-Forschung schon zum Einsatz kommen kann. Wie wird daraus ein Geschäftsmodell?
Unsere KI-Plattform für die Forschung nennen wir Edge. Damit können Biotech- und Pharmaunternehmen, aber auch Auftragsforschungsinstitute (CROs) und andere forschende Institutionen wie zum Beispiel Universitätskliniken sehr schnell und leicht große Bilddaten analysieren. Dabei ist unsere Edge-Plattform auf sogenannte Multiplex-Immunfluoreszenz-Daten spezialisiert. Das ist ein vollkommen neuer Markt, bei dem Krebsgewebe mit hunderten verschiedenen Biomarkern auf einmal gefärbt werden kann, um die Interaktion von verschiedenen Zellpopulationen im Tumor unter Wahrung der Gewebestruktur zu verstehen. Das ist wichtig für die Testung neuer Medikamente, Therapien oder des Biomarkers selbst. Dabei entstehen oft hunderte Bilder, deren manuelle Analyse sehr aufwendig ist und viel Spezialwissen benötigt. Wir erleichtern das durch unsere Edge-Plattform, indem dort praktisch alle ohne bioinformatisches Vorwissen solche automatisierten Analysen großer Bilddaten schnell durchführen können.
Du hast dieses Vorwissen, denn du bist promovierter Bioinformatiker und warst jahrelang in der akademischen Forschung tätig. Welche Chancen bietet die Forschung im Unternehmen im Vergleich zum akademischen Betrieb?
Im Vergleich zur Akademie finde ich die Forschung im Unternehmen gezielter, strukturierter, marktorientierter, fokussierter und schneller. Hier geht es darum, schnell innovative Produkte zu entwickeln, die sich verkaufen und im besten Fall – was ich mir wünsche und hoffe – den Menschen einen großen Mehrwert bringen. An der Akademie geht es freier und auch mal gemächlicher zu, da sie noch weniger Marktdenken unterworfen ist. Das ist aber auch sehr wichtig. Denn der Markt löst nicht alle Probleme. Wir brauchen eine freie und zwanglose Wissenschaft.
Auf der anderen Seite gibt es vielleicht auch in der Wirtschaft Zwänge – Stichwort Finanzierung. Aktuell seid ihr dabei, eine zweite Finanzierungsrunde zu sichern. Was ist das Ziel der Runde?
Wir entwickeln KI-Produkte, die sich in einen gerade etablierenden Markt einfügen. Das passiert bereits in der Krebsforschung in Biotech- und Pharmaunternehmen und wird mittelfristig ein sehr großer Markt in der klinischen Krebsdiagnostik werden. Bis dahin benötigen wir jedoch Venture-Kapital, um ein entsprechendes Business zu skalieren. Ohne dieses Venture-Kapital würde es uns und andere Innovationen nicht geben. Von daher ist das eine fantastische Option. Ziel unserer zweiten Investitionsrunde ist es, unser Team zu vergrößern, damit wir noch schneller und besser KI-Produkte bauen können, vor allem für den gerade stark wachsenden Markt der KI-basierten Krebsforschung in der Biotech- und
Pharmabranche. Es geht dabei auch darum, dass diese Produkte in ihrer Funktionalität nah an den etablierten Workflows in Laboren ausgerichtet werden und auch für den Einsatz bei vielen Kunden weltweit zuverlässig und robust arbeiten. Darüber hinaus wollen wir auch unsere KI-Produkte für die Klinik erweitern und zertifizieren, damit wir hier auch als einer der Ersten mit vollständig für den klinischen Einsatz zugelassenen Produkten bereitstehen, wenn der Markt der klinischen KI rasant zu wachsen und sich zu skalieren beginnt.
Mit Katana Labs hast du jetzt schon zum zweiten Mal gegründet. Was hättest du als Wissenschaftler gerne schon gewusst, bevor du den Sprung in die Start-up-Welt gewagt hast?
Sehr viel. Zum Beispiel habe ich erst jetzt nach vielen Jahren verstanden, wie Venture-Kapital funktioniert und wie Investmentmanager ticken. Das sollte aber allen Gründer*innen von Anfang an absolut klar sein, wenn sie sich in einem Venture-Capital-getriebenen Markt bewegen. Ich denke, ein Venture-Kapitalist versteht schon ganz gut, was das Gute und Problematische an Wissenschaftler*innen bezogen auf Business ist.
Wissenschaftler*innen, die zum ersten Mal gründen und Venture-Kapital benötigen, haben in der Regel null Ahnung, was es bedeutet, bewirkt und wie die Mechanismen dahinter sind. Das sollte aber allen von Beginn an klar sein, damit Ideen ohne Umwege so ausentwickelt werden können, dass eine erfolgreiche Positionierung im Markt möglich wird.