„Ich fühle mich frei“
Babette Kemper ist die erste Mitunternehmerin gewesen, die ihre eigene Agentur auf der Achtung! Gründer*innen-Plattform ins Leben gerufen hat. Im Januar 2019 hat die ehemalige Deutschlandchefin von Ogilvy PR zusammen mit Achtung! ihre eigene Agentur Achtung! Mary gegründet. Es war immer der Traum von Babette Kemper, mal eine eigene Agentur zu führen, die dann „Mary“ heißen sollte. Mary, weil Marie der erste Vorname der Mitgründerin ist. Babette ist ihr Rufname. Achtung! Mary beschäftigt heute ca. 50 „Marys“, ist jetzt in Düsseldorf, wo Achtung! Mary gegründet wurde, und in Hamburg, wo Achtung! gegründet wurde, präsent. Achtung! CEO Mirko Kaminski spricht darüber mit Babette Kemper.
Liebe Babette, gab es in den vergangenen Jahren einen Moment, in dem du ein bisschen bedauert hast, deine eigene Achtung! Agentur gegründet zu haben? Hand aufs Herz und ganz ehrlich?
Na, das ist ja eine gute Einstiegsfrage für unser Gespräch. Meine Antwort könnte jetzt einen spannenden Gesprächsverlauf eröffnen. Aber leider muss ich tatsächlich ganz langweilig antworten: Nein, ich habe es bis jetzt keinen Moment bedauert – auch wenn ich natürlich nicht weiß, wie mein berufliches Leben wäre, wenn ich anders entschieden hätte. Da derartige Überlegungen aber auch in ganz stillen Momenten nie in mir aufkommen, kann ich mit absoluter Sicherheit sagen, dass ich absolut glücklich und richtig dort bin, wo ich nun stehe. Und das ist ein ganz tolles und erfülltes Gefühl.
Hättest du vor viereinhalb Jahren erwartet, dass Achtung! Mary mal so groß und solch eine Erfolgsgeschichte werden könnte?
Nein – ich habe komischerweise ohne klassische Erwartungen gegründet. Als wir damals angefangen haben zu sprechen und zu planen, hatte ich einfach das Gefühl, dass dieser Schritt richtig ist. Das stabile Wachstum von Mary in den vergangenen Jahren ist ja auch tatsächlich nur eine Dimension von „Erfolgsgeschichte“. Es gibt viele andere Erfolgsparameter, die ich mit Mary erlebe, die eigentlich nicht klassisch mit Erfolgsgeschichte assoziiert werden. Das sind eher Dinge, die ich hinter den Kulissen erlebe. Dass ich sehr authentisch als Babette inmitten meines Teams stehe, dass ich mich frei fühle – und meine Handschrift in allen Bereichen des Managements, der Organisationsentwicklung und meiner Führungsüberzeugung leben kann, ist für mich meine ganz eigene (und sehr wertvolle) Erfolgsgeschichte.
Mit Achtung! zu gründen, heißt ja, als Mitunternehmer*in auf Achtung! und vieles bei Achtung! zugreifen zu können. Was ist für dich am wichtigsten und bedeutet dir am meisten? Die Marke, Shared Services wie HR, IT, Buchhaltung oder Sparring und Zusammenarbeit?
Das kann ich nicht priorisieren, denn genau alle die von dir benannten Gewerke brauchen Unternehmen, um kraftvoll und resilient agieren zu können. Ich brauche und nutze die entsprechenden Abteilungen, Kolleg*innen und Expertisen alle.
Gibt es auch Dinge, die zwar von Achtung! angeboten werden, die du dann aber lieber selbst machst, um mehr „Mary“ fühlbar zu machen?
Nein, wir nutzen alles. Ich gebe eventuell meine eigene Perspektive noch mal mit dazu – oder verstärke oder reduziere. Aber wir profitieren von allen Angeboten. Das ist aber natürlich am Ende deshalb so, weil Achtung! einfach das anbietet, was wir als Agenturen brauchen. Von funktionierendem Maschinenraum über Neugeschäftsanbahnung, Impulse, Events … all das brauchts. Alles, was Mary-spezifisch ist – also beispielsweise Positionierung, spezifische Expertisen, Aufstellung, Mikrokultur, Führung … das sind dann meine Entscheidungen.
Die Idee ist ja, dass die Marke Achtung! von den Mitgründer*innen genutzt und um die eigene Persönlichkeit ergänzt wird. Wie viel von Achtung! Mary ist heute Achtung! und wie viel ist Babette Kemper bzw. Mary oder Marie?
Das ist eine echt interessante und schwierige Frage. Da habe ich so bewusst noch nie drüber nachgedacht. Ich bin vom ersten Tag an sehr Achtung! gewesen. Als ich noch in internationalen Netzwerkagenturen als Managerin tätig war, habe ich im Austausch mit dir – und von allem, was ich von Achtung! mitbekommen habe, gedacht: Ja, so geht moderne Kommunikation. Strategische Kommunikation, externe und interne Kommunikation, Corporate, Brand, Kampagne, Social, Produkt … alles bedingt einander und wir müssen unsere Kund*innen dabei unterstützen, in diesem Sinne zu agieren.
Wie genau?
Über alle Gewerke hinweg – aus starken Ideen heraus. Dabei können wir in spezifischen Bereichen beauftragt werden, in Kollaborationen mit anderen bestehenden Agenturen zusammenarbeiten oder aber ganzheitlich für unsere Kund*innen tätig werden. Das ist Achtung! – das ist aber auch sehr Babette und somit Mary! Diese Überzeugung – und diese Expertise, die es dafür braucht – ist komplett kompatibel mit meiner Entwicklung, die ich beruflich in den vergangenen zwei Jahrzehnten gelebt und durchgesetzt habe. Ich bin aber auch sehr spezifisch Mary – und das ist vielleicht eher dort zu finden, wo zwischen uns als Mary-Kolleg*innen etwas passiert. Wie ich mit Situationen intern und mit Kund*innen umgehe. Wie wir unsere Mary-Kultur leben. Das ist ja immer sehr an die eigene Persönlichkeit gebunden – also an die jeweilige geschäftsführende Person. Und deshalb habe ich gegründet, denn da möchte ich mich nicht an Vorgegebenem orientieren – oder mich anpassen. Das ist also bestimmt sehr spezifisch „Babette“ – und damit auch sehr spezifisch „Mary“.
Wenn du auf deine Vergangenheit zurückschaust: Wo liegen die größten Unterschiede zwischen der Gründer*innen-Plattform mit Achtung! Mary und Agenturnetzwerken?
Im Grunde liegt der größte Unterschied genau an dem Punkt, den ich gerade mit „spezifisch Mary“ beschrieben habe. Ich würde bestimmt auch heute in (Netzwerk-) Agenturen Positionierungen und Angebote finden, von denen ich überzeugt wäre. Ich möchte aber zu 1.000 Prozent „Gastgeberin“ für meine Kolleg*innen sein und investiere recht viele Stunden – auch und vor allem in meiner Freizeit – in Gedanken und Reflexionen, in denen ich kontinuierlich an mir als Arbeitgeberin weiterarbeite, die voll mir entspricht. Das kann ich nur als Inhaberin so leben und fühlen – das habe ich so nicht als angestellte Managerin, die natürlicherweise in Funktion und in Abhängigkeit vom jeweiligen Arbeitgeber steht, komplett leben können. Obwohl ich auch in diesen Rollen immer voller Aufmerksamkeit und Verantwortung meiner persönlichen Überzeugung bestmöglich gerecht werden wollte.
Nun mal zum Geschäftlichen: Woher kommt dein Neugeschäft? Eher über dein persönliches Netzwerk und in Form von Anfragen direkt an Achtung! Mary? Oder viel auch über Achtung!?
Sehr viel über Achtung! – aber auch über mein persönliches Netzwerk. Ehemalige Kund*innen, ehemalige Kolleg*innen, die irgendwann auf Unternehmensseite gewechselt haben, viele Weiterempfehlungen ... Das ist dir vielleicht als Antwort zu unkonkret … Ich müsste echt eine Auswertung machen, um mit harten Fakten dienen zu können. Ist aber auch gar nicht so wichtig, denn: Ich finde auf jeden Fall, dass es eine perfekte Mischung ist, die mir als Unternehmerin eine sichere Planbarkeit gibt.
Fühlen sich deine Kunden als Achtung! oder eher als Achtung! Mary-Kunden?
Interessanterweise ist das – glaube ich – unterschiedlich. Wir sollten sie vielleicht mal fragen. Fändʼ ich auch interessant. Bei vielen sind wir „die Marys“ – aber auch „die Achtung!s“.
Und wie sieht das mit Mitarbeitenden aus? Wie gewinnst du sie? Oder gewinnt Achtung! sie für dich?
Viele – sehr viele – Kolleg*innen kommen tatsächlich aus meiner Vergangenheit oder über Empfehlungen. Aber auch unsere megaaktiven Personal-Kolleg*innen in Hamburg rekrutieren mit voller Kraft und bemerkenswertem Erfolg. Ich bin immer mit drin im Recruitingprozess und lerne die Bewerber*innen kennen. Für mich ist die handwerkliche Exzellenz natürlich eine sehr wichtige Komponente. Ich achte aber zu einem wesentlichen Teil sehr darauf, ob der Mensch auch das Potenzial hat, Mary zu sein.
Zum Schluss eine obligatorische, aber wichtige Frage: Wohin möchtest du mit Achtung! Mary noch?
Ganz ehrlich: Ich habe gar keinen so konkreten Plan! Aber ich habe noch ganz viel vor, denn wir befinden uns mit Mary in permanenter Veränderung und Anpassung. Auch wenn unsere Branche, die politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland und der Welt mega unter Spannung stehen und wir alle sehr angestrengt sind, weil die Herausforderungen groß sind, wünsche ich mir sehr, dass Achtung! Mary weiter so beweglich, resilient und erfüllend bleibt, wie sie es seit 2019 ist.
So, jetzt habe ich aber auch einige Fragen an Dich … (Zum Interview)