Nicht warten, nicht motzen, sondern gestalten!

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Babette Kemper war Beraterin, Business Director, anschließend Managing Partner bei der Kommunikationsagentur Ketchum Pleon und schließlich Global Partner bei Ketchum. Im Januar 2016 wechselte sie zu Ogilvy Public Relations und wurde dort Deutschland-Chefin. Während dieser steilen Karriere hat die Kommunikationsexpertin und Managerin drei Kinder bekommen. Im Januar 2019 gründete sie zusammen mit Achtung! ihre eigene Agentur Achtung! Mary. Die Agentur beschäftigt heute rund 50 Mitarbeitende in Düsseldorf und Hamburg. Hier teilt die Unternehmerin ihre Erfahrungen und Karrieretipps.


Wenn ich nicht weiß, wer ich bin und wie ich bin, dann mache ich die falsche Karriere – oder gar keine!
Ich glaube, dass ich mich im Laufe der Zeit sehr gut kennengelernt habe – meine Stärken, aber eben auch meine Schwächen. Ich weiß heute und finde es doch immer wieder spannend, dass alles, was direkt um mich herum – und zwar nicht allein im Unternehmen – passiert, MEINETWEGEN passiert oder aber eben nicht passiert. Würde ich nicht verstehen, mit wem ich es zu tun habe, wenn es um mich geht, fehlte mir jede Orientierung. Ohne Orientierung aber ist es nahezu unmöglich, für sich, sein Team, sein Unternehmen den richtigen Weg zu finden.

Inzwischen liest man immer häufiger, wie wichtig es ist, sich selbst gut zu kennen, biografische Momente wahrzunehmen, die einen in seinem Verhalten prägen – und seine eigenen Schwächen und Stärken zu kennen, um glücklich zu sein. Oder um eine funktionierende Partnerschaft zu führen, um erfolgreich zu sein. Oder auch, um eine „gute Führungskraft“ zu sein. Dem stimme ich auch voll zu – und für mich hat sich in meinem Leben ganz viel geändert, seitdem ich dies für mich immer wieder neu reflektiere.

Als drittes von vier Kindern – und mit einem sehr lebendigen Familienleben – habe ich beispielsweise früh gelernt, dass ich eigentlich nur zwei Chancen habe, um gehört zu werden oder um ein Umfeld für mich zu schaffen, das meinen individuellen Bedürfnissen gerecht wird. Entweder ich mache Theater und Stress oder aber ich nehme die Situation an, wie sie ist, und werde selbst positiv aktiv. Gestalte und verändere also meinen Wirkungskreis, um mir selbst Dinge zu ermöglichen. Um Freiräume zu schaffen, damit ich meine Vorstellungen in Harmonie mit meinem Umfeld umsetzen kann, ohne an störende Grenzen zu stoßen. Ich glaube, dass diese Konstellation in meiner Kindheit meine Art, wie ich später „Karriere“ machen sollte, sehr stark beeinflusst hat.

Ich habe nie gewartet, dass irgendjemand einen Weg vorbereitet, damit ich diesen beschreite.
Ich habe nie darauf gewartet, dass meine Vorgesetzten erkennen, was „gut“ für mich ist. Führungskräfte können oft nämlich gar nicht sehen, was bei einem alles geht, welche individuellen Möglichkeiten es gibt. Diese erkennt man viel besser selbst. Kurzum, ich habe mich immer absolut und zu 100 Prozent verantwortlich gefühlt. Sowohl für meine Aufgaben als auch für meine Schritte, die ich für mich entschieden habe.

Ich nehme häufig den Status quo von Situationen an, halte mich aber nicht mit den Schwierigkeiten auf, sondern gehe sofort in Gestaltung, mache was daraus und teile meine Pläne und Visionen. Manchmal sind das ganz kleine Schritte, manchmal sehr große.

Das hat mich in der Vergangenheit immer sehr unabhängig bleiben lassen und selbst in schwierigen Situationen keine Frustrationen oder Druck ausgelöst, weil ich immer meine eigene Kraft und Handschrift eingesetzt habe.

Zudem habe ich gelernt, dass es o. k. ist, manchmal auch einfach lockerzulassen und sogar loszulassen. Zum Beispiel, als ich in die Familienplanung gegangen bin. Drei Kinder in vier Jahren! Dazwischen habe ich immer gearbeitet, habe meine Strukturbedürfnisse und die meiner Familie mit denen meines Arbeitgebers übereinandergelegt und aktiv gestaltet. Das heißt: Ich habe (neue) Lösungen erarbeitet. Ich habe Vorschläge entwickelt und klar formuliert, die aus meiner Sicht für alle Beteiligten Sinn gemacht haben, und diese dann auch immer wieder angepasst. Zudem habe ich in vielen Situationen – über meine eigentlichen Aufgaben hinaus – Initiative ergriffen, wenn ich Handlungsbedarf gesehen habe. Als junge Mitarbeiterin habe ich zum Beispiel neue interne Kommunikationsformate entwickelt, mich für Teamkultur verantwortlich gefühlt, mich mit anderen Junioren aus anderen Teams zusammengefunden und Wissensformate entwickelt. Das waren eigentlich schon die ersten Schritte zu Führung und Management.

Und im Grunde ist das auch mein absoluter Karrieretipp für alle: nicht warten, nicht motzen oder sich über den Status quo ärgern. Sondern aktiv gestalten, klar kommunizieren, Lösungswege suchen und diese aktiv aufzeigen.
Unsere Zukunft gestalten wir alle nicht erst morgen. Wir gestalten sie jetzt und heute. Und unser Weg ist nicht von anderen vorbereitet. Wir erschaffen ihn, indem wir ihn gehen – Schritt für Schritt. Wir erschaffen ihn, indem wir ihn jeden Tag selbst gestalten und weitergehen.