Die Renaissance des Werts „Vertrauen“

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Selten zuvor haben Marketing- und Kommunikationsentschei­der*innen ihre Jahresplanungen auf so instabilem Fundament fußen lassen müssen. So vieles ist unsicher, so vieles ändert sich. Achtung! CEO Mirko Kaminski befragt dazu Max Ströbel, Chief Strategy Officer von Achtung!.

Max, was erwartet Kommunikationsverantwortliche im kommenden Jahr?

Ich beantworte deine Frage mal auf zwei Ebenen. Was die großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angeht, fiel es mir ehrlich gesagt noch nie so schwer, überhaupt eine Prognose zu treffen. Es sind für 2024 einfach zu viele Dynamiken und Variablen im Spiel. In der Weltpolitik, in Europa, in der Innenpolitik, in der Technologie.

Aber was konkret unsere Arbeit in der Kommunikation angeht, ergibt sich für mich aus der Lage paradoxerweise eine ganz klare Vorhersage: Wir werden 2024 eine Renaissance des Basiswerts „Vertrauen“ erleben. Vertrauen wird wichtiger als je zuvor.

Warum bist du da so sicher?

In dieser Zeit der Multi-Unberechenbarkeit bleibt den Menschen ja nichts anderes übrig, als sich selbst die Frage zu stellen: Welchen Personen, welchen Unternehmen, welchen Institutionen, welchen Medien, welchen Absendern kann ich jetzt eigentlich vertrauen – und welchen vielleicht nicht so sehr? Ich bin überzeugt: Die Vertrauensfrage wird für uns Kommunikationsverantwortliche zu der Schlüsselfrage.

Du spielst auf KI-generierte Inhalte und auf Fake News an.


Ja, auch die KI ist ein Faktor – sie wird in dieser Hinsicht ein Beschleuniger sein. Spätestens rund um die US-Wahl. Ich kann mir sogar vorstellen, dass wir alle uns durch immer mehr KI-Inhalte eher angewöhnen, nach Kennzeichen für das Echte Ausschau zu halten statt nach irgendwelchen Wasserzeichen für das Künstliche. Das Faktische, Wahrhaftige als die kostbare Ausnahme sozusagen. In diesem Zusammenhang werden inhaltliche Substanz und Glaubwürdigkeit jetzt immer wertvoller im kommunikativen Wettbewerb.

Denkst du, dass bestimmte Kommunikationsformen trenden werden?


Auf jeden Fall sehen wir schon jetzt, dass die personenzentrierte Kommunikation eine wachsende Bedeutung im Kommunikationsmix einnimmt. Ich erwarte, dass sich das 2024 noch mal massiv verstärkt. Als Mediennutzende tun wir uns einfach viel leichter, an anderen Menschen Interesse zu entwickeln als an Unternehmensmarken oder Institutionen. Und wir vertrauen Menschen auch leichter. Bei Achtung! bauen wir auf jeden Fall unsere Kompetenzen im Bereich der personenzentrierten Kommunikation weiter aus.

Hast du für gute personenzentrierte Kommunikation ein gutes Beispiel?


Ganz aktuell würde ich sagen: das Habeck-Video zur Lage in Gaza.

Und worauf sollten Entscheider sonst noch einen Fokus legen?


Passend zum Thema Vertrauen erwarte ich, dass auch Real-Life-Events – die sich ja nach Corona allmählich erholt haben – in ihrer Bedeutung für die Kommunikation weiter anwachsen. Auch darin sehe ich für Kommunikationsverantwortliche mit Blick auf 2024 ein wichtiger werdendes, sehr wirkungsvolles Instrument. Zumal wir alle uns in so komplizierten Zeiten umso mehr freuen, wenn wir uns zwischendurch auf positive, wahrhaftige Erlebnisse einlassen können.

Abschlussfrage, weil du bekennender Fan bist: Wird der HSV aufsteigen?

Ich vertraue nicht nur darauf – ich bin sogar ganz sicher.