Was erwartet uns in 2024? – Ein Blick in die Kristallkugel und ein Wunsch dazu

Daniel 3072x1622

An lieb gewonnenen Traditionen soll man bekanntlich festhalten. Der Blick in die Kristallkugel mit Daniel Rehn, Senior Social Strategist bei Achtung! und Digital Trend Scout, ist so eine Tradition. Für 2024 sieht er eine ebenso nahe liegende wie konsequente Fortsetzung anhaltender Entwicklungen, die ein Ringen um Vertrauen und Natürlichkeit bedeuten – gepaart mit einem Wunsch.


Daniel, dein obligatorischer Blick in die Kristallkugel gehört bei uns seit ein paar Jahren zum festen Programm. Was hast du für 2024 an Kommunikationstrends für uns im Gepäck?

Ich gehe auf jeden Fall mit, wenn Max sagt, dass Vertrauen als Basiswert eine Renaissance erleben wird. Allerdings würde ich das noch etwas weiter fassen und sagen, dass Vertrauen das Ergebnis guter Kommunikation selbst ist.

Carl Hundhausen hat als Wegbereiter der PR in Deutschland mal gesagt, dass Public Relations das Werben um Vertrauen in der Öffentlichkeit seien. Bezogen auf den Facettenreichtum und die Kleinteiligkeit der Audiences und Plattformen der heutigen Zeit, würde ich das leicht abwandeln und sagen, dass heutzutage Kommunikation das Werben um Vertrauen in Teilöffentlichkeiten ist.

Das ist aber noch kein Trend.

Stimmt. Darum würde ich gerne gute Kommunikation als Trend ausrufen. Kommunikation, die in diesen Zeiten konsistent ist, Orientierung gibt, Transparenz schafft und Vertrauen stiftet.

Also weniger schrille Werbung und mehr „in Grautönen gehaltene“ Kommunikation an der Basis?


Nicht unbedingt. Das Werben um Zielgruppen in all seiner Pracht darf gerne weiter passieren. Aber eben auch mit dem Bemühen, Menschen etwas erzählen und vermitteln zu wollen, das es wert ist, erzählt zu werden – oder zumindest ansprechend bis interessant verpackt wird.

Zu werben bedeutet für mich auch, etwas Anstrengung in das Gesagte zu stecken, statt einfach nur laut zu werden oder viel Geld für Reichweite auf eine tumbe Botschaft zu werfen.

Und die „Grautöne“?


Die Metapher mag ich und nehme sie gerne so an.

Also: Die Grautöne …


Gute Marken- und Unternehmenskommunikation darf mehr abdecken als Schwarz oder Weiß. Kontextualisieren, Einordnen, Transparenz liefern … Das sind im Grunde fast schon journalistische Aufgabenaspekte, helfen aber die „License to Operate“ zu vermitteln und das eigene Tun greifbar zu machen. Nur darf diese Kommunikation auch subjektiv sein und kann auf einer klaren Agenda, Werten und Haltung beruhen.

Und eine Haltung zu gesellschaftlich relevanten Themen zu haben und auch zu zeigen, wird wichtig bleiben. Das gilt für die Companys als Absender ebenso wie für die aktiv auftretenden Köpfe vom Vorstand mit LinkedIn-Auftritt bis hin zu Corporate Influencern, die sich mit den Werten des Arbeitgebers identifizieren und/oder auch kritisch auseinandersetzen dürfen.

Wie sieht das trendseitig dann aus? Worauf können wir uns einstellen?


Ich nenne mal die Top 3 für vertrauenswürdige Kommunikation, die mir momentan am ehesten in den Sinn kommen, um angeregt darüber zu diskutieren.

Nicht totzukriegen, aber immer noch relevant: die glaubhafte Einbindung von Influencern und Creators in Kampagnen und weit darüber hinaus, um als wiederkehrendes Gesicht für Marken und Unternehmen Credibility aufzubauen bzw. zu leihen. Anders als bei Testimonials, die einfach nur ob ihrer Strahlkraft eingekauft werden, wird hier die Community der Partner viel stärker adressiert und eingebunden.

Ein Beispiel hierfür: die Kampagne von Philips Hue mit Streamer EliasN97, dessen Gaming-Zimmer ein Upgrade erhielt. – Wichtiges Take-away dabei: Man pickt sich nicht mehr nur Creators und Influencer mit der größten Follower-Zahl raus, sondern die mit der passendsten Community als Zielgruppe und dem richtigen Fit in Content-Qualität und Engagement.

Ebenfalls weiterhin stark im Fokus: die eigenen Köpfe als Vertrauensträger*innen aufbauen. Corporate Influencer, Social-C-Level und alle dazwischen, die sichtbar und inhaltlich nachvollziehbar agieren können, werden auch 2024 Teil der Kommunikationsorchestrierung sein. Mal mehr, mal weniger stark geführt. Aber immer nah an ihren Kernthemen entlang, um glaubwürdig zu bleiben.

In der Bildsprache für Social sehen wir eine weitere Abkehr von den Hochglanzmotiven, um mehr „Ecken und Kanten“ zu zeigen. Ein natürlicher Stil, angelehnt an UGC, wird dabei bodenständiger wirken. Respektive geben einige Marken ihr Tun komplett in die Hände von UGC Creators. Das ist aus „glatt geleckter“ Marketingsicht natürlich furchtbar, aber es ergibt auch Sinn, da der letzte Funken Echtheit in Social eben oft noch von kleineren Creators kommt, die nicht in einem voll ausgestatteten Studio sitzen.

Für die Akzeptanz der Audience gilt: „Speak honestly, look genuine.“

Und was ist mit KI? Du kannst uns doch keine Trends ohne KI mitgeben!
😉

Natürlich nicht. Um an die Abkehr von Hochglanzmotiven anzuknüpfen, wird es auch das andere Extrem geben: Der spielerische (und bitte offengelegte) Einsatz von Generativer AI für fantastische Bilder sowie zur Unterstützung in der Erstellung von Inhalten und Co. wird „erlaubt“ sein. Darüber lassen sich bemerkenswerte Inszenierungen ermöglichen, die für ein „Wow!“ im Feed sorgen. Ähnlich auch dem immer häufiger zu sehenden Einsatz von Fake OOH für ebenso fantastische Digital-Stunts.

Ob es schon 2024 für eine „industrielle Revolution“ von Social mittels KI reichen wird, würde ich so noch nicht unterschreiben, aber das Potenzial ist da.

Gibt es noch Plattform-Tipps, die du uns nennen magst?


TikTok und LinkedIn werden aus ihrer jeweiligen Richtung kommend die Top-Treiber bleiben.

Falls Instagram seinen Fokus wiederfindet und/oder Threads in Europa an den Start bekommt, kann es wieder spannend werden, während Snapchat hoffentlich aus seinem „Unter dem Radar“-Status rauskommt.

YouTube, Twitch und Discord schaffen neue Möglichkeiten, müssen aber auch (endlich) passend als Community-Centric verstanden und bespielt werden. Oder man lagert auch das wieder an Creators und Influencer als Partner aus.

Und WhatsApp Channels können als massiver „Dark Traffic“-Lieferant auch interessant werden, wenn man sie richtig versteht und nutzt.

Und X?

Ja, nee. Ciao.