Wie man im Job Glück findet
Wann fühlt man sich glücklich? Was tragen Job, Führungskräfte und Arbeitgeber*in dazu bei? Und welche Möglichkeiten gibt es, selbst dafür zu sorgen, mehr Glück zu spüren? Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel ist einer der bekanntesten Glücksforscher Deutschlands. Er ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fakultät Betriebswirtschaft der TH Nürnberg und berät zahlreiche Unternehmen und Organisationen sowie die Politik darin, wie sie die Erkenntnisse der interdisziplinären Glücksforschung umsetzen können. Er spricht auf Kongressen, gibt TV-Interviews und verfasst Aufsätze und Gastbeiträge. Wir haben ihn zum Thema Glück befragt.
Sie sind eigentlich Volkswirt und haben auch mal bei der Bundesbank gearbeitet. Jetzt erforschen Sie Glück. Was haben Wirtschaft und Glück denn miteinander zu tun?
Auf den ersten Blick ist dies für viele etwas überraschend – auf den zweiten wird es aber klar: Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich ganz grundlegend mit der Frage, wie man knappe Ressourcen so einsetzen kann, dass man die angestrebten Ziele bestmöglich erreicht. Das ist der Kern ökonomischen Handelns. Und unsere knappe Ressource ist letztendlich unsere Zeit. Ziel ist ein gelingendes, glückliches, zufriedenes Leben. Es geht also um eine effiziente Zeitverwendung für ein glückliches, zufriedenes, gelingendes Leben – den – ökonomisch gesprochen – aus der Zeitverwendung resultierenden „Nutzen“. Wir könnten in dem Fall auch sagen: „Wohlbefinden“.
Treibt nicht das Materielle viel mehr an?
Das Materielle, die Wirtschaft ist Mittel zum Zweck, nicht aber Zweck an sich. Dieses Verständnis von Wirtschaft findet sich auch im Konzept der sozialen Marktwirtschaft, wie es etwa von Ludwig Erhard vertreten wurde. Der Urvater der Volkswirtschaftslehre, Adam Smith, hat bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts darauf hingewiesen, dass es die Aufgabe des Staates sei, die Voraussetzungen für ein glückliches Leben zu schaffen bzw. zu verbessern. Seit ungefähr zehn Jahren finden die Erkenntnisse der interdisziplinären Glücksforschung auch bei der UN und der OECD Eingang in die Politikberatung. Zu nennen sind hier etwa der seit 2012 jährlich erscheinende „World Happiness Report“ und der „OECD Better Life Index“. Auch fußen die „Sustainable Development Goals“ der UN aus dem Jahr 2015 darauf. Ganz in diesem Sinne ist auch der Tenor des neuen Jahreswirtschaftsberichts der Bundesregierung zu sehen, in dem neben das Bruttoinlandsprodukt zusätzliche Indikatoren wie Bildung, Verteilungsgerechtigkeit und Umweltzerstörung treten, um den Zustand der Volkswirtschaft zu beschreiben. Im Entwurf des Berichts findet sich auch die Aussage, dass in der Mitte der Gesellschaft eine „Sättigung mit grundlegenden Konsumgütern“ erreicht sei. Deshalb sei „ein politisches Versprechen weiter und generell ansteigender Konsumniveaus nicht zu geben“. Der Spiegel hat in einem Beitrag darüber geschrieben, dass dies einer Revolution gleichkomme.
Mögen Sie uns erst einmal erklären und beschreiben, was Glück und Erfüllung überhaupt sind?
Um Eckart von Hirschhausen zu zitieren: „Glück ist eine ,Nebenwirkungʻ eines gelingenden Lebens.“ Wir sind glücklich, wenn wir uns wohlfühlen mit unserem Leben, wenn wir das Gefühl haben, dass das Leben, das wir führen, gut und erfüllend ist. Es geht um subjektives Wohlbefinden. Wohlbefinden ist ein Zeichen dafür, dass unser Leben gut läuft.
Gibt es verschiedene Ebenen von Wohlbefinden?
Subjektives Wohlbefinden hat zwei Ausprägungen, und zwar das „emotionale“ und das „kognitive“ Wohlbefinden. Mit emotionalem Wohlbefinden ist die Gefühlslage im Moment gemeint, wobei es im Wesentlichen auf das Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt ankommt. Ein Anhaltspunkt: Das Verhältnis sollte mindestens 4 : 1 betragen. Hier geht es um das Wohlbefinden, das Menschen erleben, während sie ihr Leben leben. Beim kognitiven Wohlbefinden geht es hingegen um den Grad der „Zufriedenheit“ mit dem Leben, also um eine Bewertung. Es findet eine Abwägung zwischen dem, was man will – also seinen Zielen, Erwartungen und Wünschen –, und dem statt, was man hat. Dies meint das Urteil, das Menschen fällen, wenn sie ihr Leben bewerten, wobei es hier entscheidend auf die Ziele ankommt, die Menschen für sich selbst setzen. Ziele sollten realistisch und sinnhaft sein. Emotionales und kognitives Wohlbefinden sind gleichermaßen wichtig, sie beeinflussen sich gegenseitig.
Welche Rolle spielt dieses Wohlbefinden?
Subjektives Wohlbefinden ist der zentrale Indikator für ein gutes Leben, für eine hohe Lebensqualität. Eine glückliche Person erfreut sich häufig positiver Gefühle, erfährt seltener negative Gefühle im Hier und Jetzt und sieht einen Sinn in ihrem Leben, verfolgt also sinnvolle Ziele. Dauerhaftes Glück erfordert, dass wir den Weg genießen, der uns zu einem lohnenswerten Ziel führt. Es geht darum, dass wir uns wohlfühlen mit und in unserem Leben. Und dieses Gefühl ist weltweit für alle Menschen gleich. Wer etwas dafür tut, glücklicher zu werden, fühlt sich nicht nur subjektiv besser, sondern hat auch mehr Energie, ist kreativer, stärkt sein Immunsystem, festigt seine Beziehungen, arbeitet produktiver und erhöht seine Lebenserwartung. Die medizinische Forschung zeigt, dass glückliche Menschen weniger krank werden bzw. wenn sie krank sind, schneller wieder gesund werden. Glück senkt den Stresslevel und stärkt die Immunabwehr. Auch die Lebenserwartung steigt deutlich um fünf bis zehn Jahre.
Welches sind denn wichtige Glücksfaktoren? Was muss stimmen und passen, damit Erfüllung und Glück möglich werden?
Die Glücksforschung hat eine Reihe von Glücksfaktoren identifiziert.
Soziale Beziehungen: Der wichtigste Glücksfaktor sind gelingende, liebevolle soziale Beziehungen (Partnerschaft, Familie, Kinder, Freunde, Nachbarschaft, Arbeitskollegen ...). Wir Menschen sind das sozialste Wesen auf dieser Erde. Gemeinschaft ist ein emotionales Grundbedürfnis.
Gesundheit: Ein weiterer Glücksfaktor ist unsere psychische und physische Gesundheit. Es lohnt sich also, gezielt etwas für die Gesundheit zu tun (Konsum- und Ernährungsverhalten, Bewegung). Natürlich sollte auch ein breites Hilfsangebot, d. h. ein gutes Gesundheitssystem bestehen.
Engagement und erfüllende Tätigkeit: Eine bedeutende Rolle beim Glücklichsein spielen auch Engagement und eine erfüllende Tätigkeit, ob es sich nun um Erwerbsarbeit, Nichterwerbsarbeit oder ehrenamtliche Tätigkeiten handelt. Wir haben ein Grundbedürfnis nach sinnhaftem Tun und Wertschätzung sowie Anerkennung.
Studien zeigen auch, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit mit einer höheren Lebenszufriedenheit und einer positiven Stimmung verbunden ist. Ehrenamtliche Tätigkeiten schaffen Sinn, bieten Alternativen bei Ausscheiden aus dem Arbeitsleben, wirken Stress in Zeiten persönlicher Krisen entgegen, ermöglichen soziale Interaktionen, liefern soziale Unterstützung und erhöhen das Selbstvertrauen.
Persönliche Freiheit: Auch brauchen wir ein gewisses Maß an persönlicher Freiheit. Wir haben ein Grundbedürfnis nach einem Mindestmaß an Kontrolle über unsere Umwelt. Wir brauchen das Gefühl, auf unser Leben Einfluss zu haben, also selbstwirksam zu sein.
Einstellungen: Wichtig sind auch die Einstellungen, die wir haben: Sind wir optimistisch, sind wir dankbar ...? Hieran kann man arbeiten. So bieten bestimmte Krankenkassen entsprechende Kurse/Seminare an.
Einkommen und Geld: Schließlich brauchen wir genug Einkommen, um unsere wesentlichen materiellen Bedürfnisse zu decken und eine soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben jetzt und im Alter zu ermöglich (finanzielle Sicherheit).
Wir wissen aus der Glücksforschung aber auch, dass – nachdem die wesentlichen materiellen Bedürfnisse abgedeckt sind und eine soziale Teilhabe möglich ist – mehr Einkommen das subjektive Wohlbefinden kaum mehr erhöht. Es deutet dabei einiges darauf hin, dass wir diese Situation in (West-)Deutschland – beim überwiegenden Teil der Bevölkerung – schon in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts erreicht haben.
Okay. Ab einem bestimmten Punkt erhöht mehr Einkommen nicht das Wohlbefinden. Warum ist das so?
Zum einen passen sich die materiellen Ansprüche und Ziele an die tatsächliche Entwicklung an, das heißt, mit steigendem Einkommen steigen auch die Ansprüche, sodass daraus keine größere Zufriedenheit erwächst. Zum anderen ist weniger das absolute Einkommen, sondern vielmehr das relative Einkommen – das heißt das eigene Einkommen im Vergleich zu anderen – für den Einzelnen entscheidend. Bei einem generellen Einkommensanstieg für alle: Es kommt einfach zu einer Erhöhung der sozialen Norm, sodass die Zufriedenheit nicht steigt, da alle mehr haben. Bei unterschiedlichen Einkommensveränderungen: Die Summe der Rangplätze in einer Volkswirtschaft ist fix – steigt einer auf, muss ein anderer absteigen – ein Nullsummenspiel. Beide Effekte sind in der Psychologie gut dokumentiert. Sie finden sich bereits in einführenden Lehrbüchern.
Herkömmliche volkswirtschaftliche Modelle, die auf der neoklassischen Theorie fußen, sehen eine solche Anpassung allerdings nicht vor. Diese und andere grundlegende Schwächen haben in den letzten Jahren auch einen Übergang von der Neoklassik zur Verhaltensökonomik bewirkt, für die es auch eine Reihe von Nobelpreisen gab. Sind die wesentlichen materiellen Bedürfnisse gedeckt und ist eine soziale Teilhabe möglich, so ist eine Fokussierung auf das Materielle nicht mehr zweckdienlich für ein glückliches Leben, da Gewöhnung und Vergleich dem entgegenwirken. Man sollte sich beide Effekte stets bewusst machen und sich deshalb vor diesem Hintergrund genau überlegen, wofür man seine Zeit verwendet.
Da ja auch Achtung! Arbeitgeber ist, möchte ich auf den Glücksfaktor Arbeit bzw. Job kommen. Können Sie etwas mehr dazu sagen?
Nach der OECD ist (gute) Arbeit ein wesentlicher Faktor für die Lebenszufriedenheit:
Wir brauchen Arbeit, da wir etwas Sinnvolles mit unserer Zeit anfangen wollen.
Wir brauchen Arbeit, um Einkommen zu erwirtschaften.
Arbeit schafft Möglichkeiten zur geistigen Weiterentwicklung.
Arbeit vermittelt das Gefühl, gebraucht zu werden, stärkt unser Selbstvertrauen, schafft Identität und bietet soziale Kontaktmöglichkeiten.
Der Erwerbsarbeit kommt eine zentrale Rolle zu, da wir einen Großteil unserer Lebenszeit damit verbringen.
Wie sollten Aufgaben, Tätigkeiten angelegt sein, damit sie helfen, sich erfüllt zu fühlen?
Entscheidend ist, dass es zu Flow-Erlebnissen kommt. Flow ist das Gefühl der völligen Vertiefung und des Aufgehens in einer Tätigkeit, die persönlich herausfordernd ist und dennoch optimal gelingt. Flow ist der Inbegriff intrinsischer Motivation.
Was ist wichtig?
Arbeitsanforderungen müssen quantitativ und qualitativ bewältigbar sein. Es geht darum, Über- und Unterforderungen zu vermeiden.
Die betreffende Person muss Einfluss auf den Arbeitsablauf haben.
Die Arbeit muss eine Vielzahl von Talenten und Fertigkeiten erfordern.
Der bzw. die Mitarbeiter*in muss eine bestimmte Aufgabe ganz, vom Anfang bis zum Ende, erfüllen können. Er bzw. sie darf nicht nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Der bzw. die Mitarbeiter*in muss das Gefühl haben, dass seine/ihre Arbeit für andere Menschen eine Bedeutung hat (Sinnhaftigkeit).
Was genau können Führungskräfte tun, um für mehr Happiness und Motivation zu sorgen?
Wir wissen etwa aus den Ergebnissen des Gallup Engagement Index, dass es vor allem auf das Verhalten der bzw. des unmittelbaren Vorgesetzten ankommt. Da heißt es: „Wenn Mitarbeiter mehr Eigeninitiative zeigen und größere Verantwortung übernehmen sollen, brauchen wir auch ein Umdenken auf allen Führungsebenen. Führungskräfte müssen sich vom Leistungskontrolleur zum echten Coach ihrer Mitarbeiter entwickeln. Dabei geht es um stärkenbasierte Mitarbeiterentwicklung, das Erkennen und Erfüllen zentraler emotionaler Mitarbeiterbedürfnisse und gelebten Dialog. Doch genau hier hakt es weiterhin.“
Fußend auf einem festen ethischen Wertegerüst geht es um „Positive Leadership“. Das meint, die Führungskraft soll dazu beitragen, dass die Mitarbeiter*innen sich am Arbeitsplatz wohlfühlen, und Mitarbeitenden Aufgaben geben, die ihren individuellen Stärken entsprechen. Die Führungskraft hilft ihnen, diese auszubauen und in den Flow zu kommen. Sie unterstützt Mitarbeiter*innen dabei, ihre Fähigkeiten zu erkennen. Außerdem soll die Führungskraft dafür sorgen, dass sich Mitarbeiter*innen im Team gegenseitig unterstützen und wertschätzend miteinander umgehen. Sie trägt dazu bei, dass sich jede*r als Teil des Teams erlebt. Sie soll außerdem dazu beitragen, dass Mitarbeiter*innen Sinn in ihrer Arbeit erleben und dass sie wissen, wozu ihre Arbeit wichtig ist. Die Führungskraft freut sich mit den Mitarbeitenden, wenn sie Ziele erreicht haben, und lobt sie dafür.
Bitte noch einmal zusammengefasst! Positive Leadership ...
... braucht soziale bzw. emotionale Kompetenz. Führungskräfte sollten Gefühle bei sich und bei anderen erkennen und verstehen, ausdrücken, kontrollieren/steuern und aktiv nutzen können. Fortbildungen in Richtung Coaching und Mediation sind hier durchaus das Mittel der Wahl. Es geht um einen bewussten und reflektierten Umgang mit den Gefühlen. Fragen des Zusammenspiels zwischen Denken und Fühlen sind auch Kern der Verhaltensökonomik.
Jetzt einmal andersherum: Was sollten Führungskräfte diesbezüglich auf gar keinen Fall tun?
Jede Form eines destruktiven Führungsverhaltens ist nicht akzeptabel.
Sie haben ja gesagt, dass auch die sozialen Beziehungen unser Glück bestimmen. Nun besteht ja ein Team innerhalb einer Agentur oder eine Marketingabteilung auch aus sozialen Beziehungen. Was kann jede*r Einzelne dazu beitragen, dass sich alle im Team etwas besser, glücklicher oder motivierter fühlen?
Um es auf den Punkt zu bringen: Wir sollten gut miteinander umgehen, d. h., wir sollten die „Goldene Regel“, die kulturübergreifend gilt, leben. Nach Konfuzius: „Was man mir nicht antun soll, will ich auch nicht anderen Menschen zufügen.“ Oder nach Matthäus im Neuen Testament: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“
Unterscheiden sich eigentlich die verschiedenen Altersklassen in ihrer Haltung und ihrem Anspruch? Oft ist zu hören, dass Jüngere deutlich mehr nach Sinn und Glück suchen würden.
Bei den Jüngeren geht es von Haus aus mehr um ein ganzheitliches Denken. Arbeit ist für sie wichtig, und zwar als Beitrag zu einem gelingenden Leben. Und das ist ein sehr kluges Verhalten. Es geht ihnen schlicht – ökonomisch gesprochen – um eine effiziente Zeitnutzung im Lichte aller Glücksfaktoren. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in Deutschland müssen Unternehmen dies stets im Blick haben, sofern sie im Wettbewerb um Mitarbeiter*innen künftig nicht das Nachsehen haben wollen. Ganz abgesehen davon sind Mitarbeiter*innen, die gerne zur Arbeit gehen, auch weitaus produktiver, kreativer, loyaler …
Im Gegensatz zu früher sind heute die Jüngeren auch viel eher bereit, ein Unternehmen zu verlassen, wenn die Balance nicht mehr stimmt. Und auch hier kommt es natürlich auch entscheidend auf das Verhalten der unmittelbaren Führungskraft an.
Sie haben gesagt, was Führungskräfte tun können, was das Team tun kann. Nun aber: Was kann ich selbst tun, um die Welt etwas positiver zu sehen? Gibt es da konkrete Kniffe?
Wir wissen aus Psychologie und Neurobiologie, dass wir einen Negativ-Bias haben, d. h., wir nehmen negative Gefühle schlicht viel stärker wahr als positive. Deshalb ist es wichtig, die positiven Gefühle zu stärken. Ein gutes Mittel hierfür ist, wenn man zwei- bis dreimal die Woche für zwei oder drei Monate abends ein Dankbarkeitstagebuch schreibt ...
Ein Dankbarkeitstagebuch?
Ja. In das schreibt man drei Geschehnisse des Tages hinein, für die man dankbar ist. Auch sollte man sich öfters direkt bei anderen bedanken, wenn dafür ein Anlass besteht. Dadurch ändert sich nach und nach die Sichtweise auf die Realität: Sie wird viel positiver, d. h. realistischer wahrgenommen. Dankbarkeit hilft, die positiven Erfahrungen zu genießen, steigert das Selbstwertgefühl, hilft beim Umgang mit Stress, fördert moralisches Verhalten, schafft und stärkt soziale Beziehungen, verhindert Neid und den Vergleich mit anderen, kann Gefühle wie Ärger, Verbitterung, Eifersucht oder Gier mindern und hilft, der hedonistischen Anpassung ein Schnippchen zu schlagen.
Außerdem sollte man darauf achten, sehr sorgsam mit negativen Gefühlen umzugehen. Sich aufzuregen, weil man im Stau steht, macht keinen Sinn. Es geht also auch um einen bedachten Umgang mit unseren negativen Gefühlen. Hier ist Emotionsmanagement gefragt. Wir können beeinflussen, wie wir uns fühlen, indem wir verändern, was wir denken.
Es braucht eine positive Grundeinstellung. Sie erweitert den Horizont, vermeidet einen Tunnelblick, erweitert den Bereich der Aufmerksamkeit, vergrößert den kognitiven Suchbereich und ermöglicht vielseitigere Problemlösungen. Dadurch werden im Laufe der Zeit intellektuelle, körperliche und soziale Ressourcen trainiert und aufgebaut und die Verarbeitung negativer Gefühle wird begünstigt.
Kann denn die einzelne Person ihre Grundeinstellung von sich aus verändern?
Ja, ob man grundsätzlich eher pessimistisch oder optimistisch „drauf ist“, ist beeinflussbar. Die Frage, ob für einen das Glas halb voll oder halb leer ist, ist tief im Gehirn verankert. Sie beruht weniger auf einer rationalen Abwägung der Argumente. Je nach pessimistischer oder optimistischer Einstellung im limbischen System kommt es bei ein und derselben Aufgabenstellung zu unterschiedlichen Verhaltensweisen. Bei einer eher optimistischen Sichtweise ist das Belohnungssystem stärker aktiv, bei einer eher pessimistischen Sichtweise das Angstzentrum. Während man im ersten Fall die Aufgabe angeht, versucht man im zweiten Fall den Herausforderungen aus dem Weg zu gehen. Mit speziellen Übungen kann das Gehirn aber trainiert werden, automatisch eher auf positive Eindrücke zu achten, was zu einer eher zuversichtlichen Grundhaltung führt. Und hier kommt wieder das Dankbarkeitstagebuch ins Spiel. Mittlerweile gibt es hierzu auch schon eine Reihe von Vorlagen, u. a. auch von Eckart von Hirschhausen.
Weltweite Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die in ihrem Leben persönlichem Wachstum, zwischenmenschlichen Beziehungen und Beiträgen zur Gesellschaft Priorität gegenüber Geld, Schönheit und Popularität einräumen, deutlich bessere Zufriedenheitswerte haben. Dies hängt damit zusammen, dass die erstgenannten Ziele unsere psychischen Grundbedürfnisse nach Autonomie (selbst entscheiden), Kompetenz (sich wirksam erleben) und Zugehörigkeit (verbunden sein) am besten befriedigen. Diese Ziele können durchaus ambitioniert sein. Sie müssen aber zumindest eine gewisse Realisierungschance haben. Bei bloßen Luftschlössern ist Frustration vorprogrammiert.