Achtung! hilft: Interview mit Tobias Pfleger von der Stadtmission Freiburg

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Vor gut zwei Wochen kamen 157 ukrainische Heimkinder und ihre Betreuenden in Deutschland an. Nach der Invasion russischer Truppen waren sie Hals über Kopf aus ihrem Kinderheim in einem kleinen Ort bei Kiew evakuiert worden. Ohne eine Sekunde zu zögern und koordiniert von der Evangelischen Stadtmission Freiburg hatte ein Busunternehmer vier Busse und 8 Fahrer geschickt, um die Kinder und ihre Betreuenden abzuholen. Die Stadtmission Freiburg kümmert sich nun um die Kinder und organisiert zudem Hilfstransporte in die Ukraine. Achtung! und die Mitarbeitenden der Agentur unterstützen die Stadtmission finanziell bei beidem. Achtung! CEO Mirko Kaminski hat mit Tobias Pfleger von der Stadtmission gesprochen. Am Ende des Interviews geben wir die Spendenmöglichkeiten für alle an, die hier ebenfalls helfen möchten.

Die Kinder haben eine regelrechte Odyssee hinter sich. Nun sind sie einige Tage in Freiburg. Wie geht es den Kindern und den ukrainischen Betreuern, die sie auf der Busfahrt nach Deutschland begleitet haben?

Die Kinder und Jugendlichen des Kinderheims „Vaterhaus“ aus Kiew sind zusammen mit ihren Betreuer*innen am Sonntag, 27. Februar in Freiburg eingetroffen. Die rund 70-stündige Fahrt war für alle sehr strapaziös. Das hat man in den müden Gesichtern der Kinder deutlich gesehen. Aber gleichzeitig kam auch schon hier und da ein erstes Lächeln über den warmen, von der Stadt und vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern wirklich bestens organisierten herzlichen Empfang. Und nach erster medizinischer Versorgung vor Ort und Verpflegung haben einige der Kinder in der Sporthalle, wo sie am Ankunftstag erst einmal zur Ruhe kommen konnten, schon Ball gespielt oder sind wie Tarzan an Seilen durch die Halle geschwebt. Ein wenig konnte in solchen Szenen erfahrbar werden, was der Leiter des Kinderheims, Dr. Roman Kornijko, bei der Ankunft erzählte. Er sagte den Kindern auf der Fahrt: „Ihr müsst jetzt auf dieser Reise 10 Jahre älter werden. Aber wenn wir in Deutschland sind, bekommt ihr eure Kindheit zurück!“
Die Stadt Freiburg greift uns sehr kurzfristig und umfassend mit großer Unterstützung unter die Arme. Die Stadt sorgt für die nächsten Wochen – und, wenn nötig, Monate – für die Unterbringung und Verpflegung der Kinder und Jugendlichen. Derzeit sind sie in vier städtischen Einrichtungen untergebracht. Sie sind in größeren Gruppen zusammen, damit sie sich im sicheren Hafen in Freiburg im gewohnten sozialen Umfeld wohlfühlen können. Von zahlreichen Ehrenamtlichen, denen wir herzlichen danken, dem Sozialdienst der Stadt sowie ihren bekannten Betreuer*innen werden die Kinder gut umsorgt.


Wir selbst sind ja nicht vor Ort. Daher die Frage an Sie: Wie sind Ihre unmittelbaren Eindrücke und was geht Ihnen am meisten ans Herz?

Es ist erschütternd, dass gerade Kinder, die bereits Gewalterfahrungen oder andere Traumata in ihrer Heimat erlebt haben, nun auch noch ihre Heimat verloren haben. Aber wir tun alles dafür, damit sie hier das Gefühl einer neuen Heimat erfahren.


Spüren die Kinder, welch eine Hilfsbereitschaft sie ausgelöst haben?

Die Kinder bekommen die große Hilfsbereitschaft und den warmen Empfang, den wir ihnen hier in Freiburg bereitet haben, natürlich mit und freuen sich. Gleichwohl wirken die schrecklichen Erlebnisse der jüngsten Zeit nach, auch wenn sie von außen unsichtbar im Verborgenen liegen.


Was wird aktuell noch benötigt und was mittelfristig?

Für die Kinder und Jugendlichen konnten wir bis jetzt alles Notwendige zur Verfügung stellen. Mittelfristig möchten wir den Kindern und Jugendlichen ein neues Zuhause geben, wenn möglich in einer größeren Einrichtung, wo sie wieder zusammenleben können – so wie es gewohnt sind. Wir übernehmen Verantwortung für die zu uns gekommenen Kinder und Jugendlichen aus unserem Partnerprojekt. Derzeit loten wir aus, wie dieses neue Zuhause geschaffen werden kann.


Sie organisieren ja auch Hilfstransporte in die Ukraine und fahren Hilfsgüter dorthin. Was tun sie aktuell und was ist geplant?

Unsere Ukraine-Nothilfe durch die Einrichtung S’Einlädele, die zur Stadtmission Freiburg gehört, läuft auf Hochtouren. Die Ukrainehilfe des S’Einlädele gibt es seit 30 Jahren. Wir können uns daher auf ein dichtes persönliches Netzwerk stützen und haben zahlreiche Kontakte in der Ukraine. Regelmäßig gehen LKWs mit Hilfsgütern in die Ukraine oder an Lagerstätten in Polen in Grenznähe, von wo sie mit Kleintransportern in die Ukraine gebracht werden. Hier in und um Freiburg erfahren wir große Unterstützung. Letzte Woche wir haben einen Aufruf gestartet, Care-Pakete zu packen. Wir haben eine Packliste erstellt. Zahlreiche Menschen unterstützen die Menschen in der Ukraine, einige Vereine und Initiativen sammeln privat und bringen uns die Pakete in einem Kleintransporter. Wir erfahren darüber hinaus große Unterstützung durch verschiedene Firmen, die uns etwa Fahrzeuge, Gabelstapler oder anderes zur Verfügung stellen. Einige EDEKA-Märkte bieten in ihren Filialen bereits Bananenkisten an, die die Kundinnen und Kunden mit Hilfsgütern beim Einkaufen befüllen können. Die Filialen transportieren die Care-Pakete dann in größeren Einheiten zu uns.
Übrigens sind die vier Busse, mit denen die Kinder und Jugendlichen in Freiburg ankamen, nicht leer zurück in die Ukraine gefahren – sondern mit insgesamt 14 Tonnen Lebensmitteln an Bord!



Und so kann mitgeholfen werden:


Einfach über dieses Spendenformular helfen.

Oder per Überweisung spenden:

Evangelische Stadtmission

IBAN: DE14 5206 0410 0100 5061 09

Stichwort: „Ukrainehilfe"