„Ein Jubiläum ist kein Rückspiegel“

Wie gelingt es, ein 125-jähriges Bestehen so zu gestalten, dass es nicht im Gestern verharrt? Dr. Jörg Hass von Hansgrohe spricht über die Kunst, Geschichte, Gegenwart und Zukunft miteinander zu verbinden und so die eigenen Werte sichtbar zu machen.
Jörg, Hansgrohe hat über die Jahrzehnte hinweg mehrfach „Jubiläumserfahrung“ gesammelt. Welche Rolle spielt die Kommunikation für Euer 125-Jähriges als ein Unternehmen, das solche Anlässe schon mehrfach erlebt hat? Was sind aus Deiner Sicht die größten Fallstricke – und was die größten Chancen – bei der Gestaltung einer zeitgemäßen Jubiläumskommunikation?
Ein Jubiläum ist für uns kein Selbstzweck – sondern ein strategischer Anlass mit doppeltem Fokus: Menschen zu würdigen und nach vorne zu schauen. Gerade bei einem traditionsreichen Unternehmen wie Hansgrohe besteht die Gefahr, sich zu sehr in Rückblick und Nostalgie zu verlieren. Und selbstverständlich ist das Bestehen im Wettbewerb über einen so langen Zeitraum eine zu würdigende Leistung. Doch Vergangenheit ohne Gegenwartsbezug ist museal. Die größte Chance liegt daher darin, unser 125-jähriges Jubiläum zu nutzen, um unsere Werte sichtbar zu machen – nicht nur über Produkte, sondern über die Menschen, die sie möglich machen. Innovation, Design, Qualität und Verantwortung – das erzählen wir über Persönlichkeiten. Über Mitarbeitende, über Tüftler, über Pioniere. Intern wie extern. Denn: Die Geschichte von Hansgrohe ist immer auch eine Geschichte besonderer Menschen.
(Anm. d Red.: So war es auch schon zum 120-Jährigen Jubiläum mit den "WaterTunes".)
Wie gelingt es Hansgrohe, bei einem so traditionsreichen Anlass nicht in Retrospektive zu verharren, sondern mit dem Jubiläum einen echten Zukunftsimpuls zu setzen?
Unser Leitsatz lautet nicht umsonst: Taktgeber des Wassers. Seit 1901. Das verpflichtet – und inspiriert. Für uns ist das Jubiläum kein Rückspiegel, sondern ein Resonanzraum: Wir nutzen den Anlass gezielt, um Zukunftsthemen zu adressieren, die uns als Unternehmen, aber auch als Gesellschaft bewegen. Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und für Hansgrohe besonders relevant: der Schutz der lebenswichtigen Ressource Wasser. Der Blick zurück zeigt uns, woher wir kommen – aber unser Antrieb bleibt, das Morgen zu gestalten. Genau dafür steht dieser Leitsatz: Wir geben nicht nur Wasser einen Takt, sondern auch der Diskussion über dessen Zukunft.
Welche Rolle spielt nach 125 Jahren der Gründer Hans Grohe?
Hans Grohe war mehr als ein Gründer: Er war ein Möglichmacher – und dieser Geist ist heute lebendiger denn je. Natürlich ist die Familie Grohe auch heute noch Teil des Unternehmens. Aber jenseits der Biografie ist es vor allem die Haltung von Hans Grohe, die uns prägt: pragmatisch, neugierig, leidenschaftlich, zukunftsorientiert. Seine Ideen sind aus Schiltach in die Welt gegangen – und sie wirken weiter. 125 Jahre später steht sein Name nicht nur für ein Unternehmen, sondern für eine Art zu denken und zu arbeiten. Auch Klaus Grohe, der Sohn von Hans Grohe, hat unser Unternehmen über Jahrzehnte erfolgreich gestaltet und geprägt. Die seitens der Gründerfamilie vorgelebten Werte sind heute aktueller denn je und spielen daher eine enorm wichtige Rolle. Ein Zitat von Klaus Grohe macht das sehr deutlich. Er sagte „Der Klimawandel ist doch nicht ferne Zukunft, er ist Realität.“ – das Zitat ist über 30 Jahre alt.
Worin unterscheidet sich die Kommunikation zum 125-jährigen Jubiläum von vorherigen Jubiläen? Gibt es etwas, das Ihr diesmal bewusst anders machen wollt – sei es in der Tonalität, in den Kanälen oder in der Zielgruppenansprache?
125 Jahre Hansgrohe – das bedeutet auch 125 Jahre am Gründungsstandort Schiltach. Und gleichzeitig: 125 Jahre Zukunft weltweit. Wir rücken Schiltach in den Fokus – aus Wertschätzung für alle, die diesen Ort seit Generationen geprägt haben. Gleichzeitig feiern wir unsere Tochtergesellschaften weltweit, ohne die Hansgrohe niemals das hätte werden können, was es heute ist.
Hansgrohe ist weltweit tätig: Wie gelingt Euch eine wirklich internationale Jubiläumskommunikation?
Indem wir die Konzeption für das Jubiläum von Anfang an international denken. Unser Anspruch ist: Alle Tochtergesellschaften, alle Teams, alle Regionen sollen sich angesprochen fühlen. Das gelingt über gemeinsame Erlebnisse, analoge wie digitale. Über Formate, die Nähe schaffen – auch über Grenzen hinweg. Und natürlich über eine frühe und umfassende Einbindung und Beteiligung.
Wir feiern weltweit – auf jeweils eigene Weise. Aber mit einem gemeinsamen Takt. Unsere Herausforderung ist, dass unsere Standorte extrem unterschiedlich aufgestellt sind – kulturell, organisatorisch, personell. Unsere Lösung: Wir denken international und gleichzeitig dezentral. Mit digitalen Formaten, lokal adaptierbaren Inhalten und einem klaren Framework geben wir Orientierung, ohne alles vorzuschreiben. So sorgen wir dafür, dass das Jubiläum überall auf der Welt sichtbar und spürbar wird. Unser Ziel ist ein echtes „One Team“-Gefühl – über Zeitzonen, Sprachgrenzen und Hierarchien hinweg.